Vortrag Ökologische Balance, Wellness und neue kommunale Wachstumsmuster im nachhaltigen Tourismus

Stammtisch 28. Jun 2011: Jörn Frenzel: „Ökologische Balance, Wellness und neue kommunale Wachstumsmuster im Bereich des nachhaltigen Tourismus“

Vatnavinir „Vatnavinir“ (isländisch für „Wasserfreunde“) sind ein internationales Team von Fachleuten aus so unterschiedlichen Disziplinen wie Architektur, Design, Marketing, Tourismus, Philosophie und Kunst. Im Zentrum der Bemühungen von „vatnavinir“ stehen Kreativität und soziale Innovation als Katalysatoren einer Neubewertung und gemeinschaftlichen Nutzung von Ressourcen. Die Rolle von „Design“ im Sinne von interdisziplinärer, ganzheitlicher, systemischer Problemlösung sowie der Gestaltung und Moderation von Prozessen nimmt dabei eine besondere Bedeutung ein.

„Vatnavinir“ entwickeln Konzepte, die der vielschichtigen sozioökonomischen Entwicklung und nachhaltigen Nutzung der Geothermie und wilden Natur Islands für den Gesundheits- und Wellnesstourismus dienen. Unter dem Titel „Wellness Country Iceland“ hat das Team Orte und Möglichkeiten dafür identifiziert, sowie landesweite Vorschläge für die Verbesserung alter Bäder und die Entwicklung neuer Heil- und Badestätten erarbeitet. Die isländische Badekultur ist weltweit einzigartig und basiert auf der unverwechselbaren Natur des Landes. Wasser in verschiedensten Formen – heiß und kalt – ist in unberührter Form vorhanden und steht in- und ausländischen Besuchern für eine Vielzahl von Funktionen und Nutzungen zur Verfügung. Das Projekt „Wellness Country Iceland“ zielt auf die Schaffung eines einzigartigen Netzwerkes heißer Bäder in Island ab, die den unterschiedlichsten gesundheitsrelevanten und touristischen Aktivitäten und Erlebnissen dienen. Das Projekt basiert auf der aktiven Zusammenarbeit von Interessensgemeinschaften zur Schaffung von Arbeitsplätzen und nachhaltiger Tourismusstrukturen im ganzen Land.

Mit der Gründung von „vatnavinir Westfjords“ ist der Landesteil Westfjorde im Jahr 2009 konkret in das Landesprojekt eingebunden worden. „Vatnavinir Westfjords“ sind ein Zusammenschluss von Landeigentümern, kleinen Bäderbetreibern, lokalen Verbänden und Verwaltungen sowie Tourismusorganisationen mit dem Team von „vatnavinir“. Momentan nehmen elf Orte mit heißen Quellen teil und haben die Realisierung des konzipierten Netzwerkes verschiedener Pools mit einer Vielzahl von Dienstleistungen für Touristen in Angriff genommen. „Vatnavinir“ beraten die Eigentümer und Kommunen bei der Konzeption, Analyse, Entwicklung und dem architektonischen Design der Orte. Das Ziel dieser Bemühungen sind die umfassende Entwicklung der Westfjorde in den Bereichen Badekultur, Natur, Gesundheit und Erholung sowie eine Aufwertung dieser isolierten Region. Das Projekt Vatnavinir Westfjords erhielt 2010 den von der EU ausgelobten Eden Award und den Titel „European Tourist Destination of Excellence“ für Wassertourismus. Darüber hinaus arbeiten „vatnavinir“ an der Entwicklung von kleinen und größeren Bade- und Tourismusprojekten sowie Landschaftsgestaltungen im ganzen Land, sowohl im städtischen wie im ländlichen Raum und in der Natur.

Die isländische Vereinigung hat den prestigeträchtigen Architekturpreis „Global Award for Sustainable Architecture 2011“ erhalten. Verantwortliche Architekten bei „vatnavinir“ sind Olga Guðrún Sigfúsdóttir, Sigrún Birgisdóttir (beide Island) und Jörn Frenzel (Berlin). Der von der Locus Foundation ausgelobte und unter der Schirmherrschaft der Unesco stehende Preis wird an Architekten verliehen, die sich weltweit Anerkennung für ihre Fortschritte auf dem Gebiet der nachhaltigen Architektur erworben haben. Jedes Jahr werden unter mehr als 200 Bewerbern fünf Preisträger ausgewählt. Frühere Gewinner des Preises, der nun in seinem fünften Jahr besteht, waren u.a. Snøhetta, Architekten des Opernhauses Oslo, Wang Shu, Thomas Herzog, Bijoy Jain und Diébédo Francis Kéré.

Jörn Frenzel ist Architekt, Coach an der School of Design Thinking Potsdam und Gründungsmitglied von „vatnavinir“, Island (Initiative für nachhaltigen geothermalen Tourismus)

Website von Vatnavinir: www.vatnavinir.is

Vortrag Menschenrechte und Tourismus

Stammtisch 29. Sept. 2011: Vortrag Heinz Fuchs : „Alles was Recht ist – Menschenrechte und Tourismus“

TourismWatch Die revolutionären Veränderungen in Nordafrika haben die Menschenrechte mitten in die touristischen Hotspots gerückt. Unternehmen suchen nach Ansätzen, wie menschenrechtliche Aspekte in Strategien verantwortlicher Unternehmensführung eingebunden werden können. Dabei werden Begriffe und Konzepte wie „Do no harm“ (richte keinen Schaden an) und „Due diligence“ (besondere Sorgfaltspflicht) aus der Konflikt- und Menschenrechtsarbeit für den Tourismus reflektiert. Auch der staatliche Ordnungsrahmen kommt in Bewegung: Der Tourismusausschuss des Bundestages führte eine Anhörung zum Thema durch und die Parlamentarier werden in Kürze im Plenum über entsprechende Anträge aus der SPD- sowie der CDU/CSU-Fraktion zu Tourismus und Menschenrechten debattieren.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ – so beginnt die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. Dieser Erklärung sind seitdem zahlreiche internationale Abkommen und Vereinbarungen gefolgt, welche die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Menschen festschreiben und die Staaten in die Pflicht für ihre Umsetzung nehmen. Auch wenn nur einige der Artikel und Abkommen, direkte Bezüge zum Tourismus haben, darf keines der Rechte und Schutzpflichten bei der Tourismusentwicklung vernachlässigt werden. Zweifellos kann Tourismus durch Begegnungen auf Augenhöhe und bei besonderer Sorgfalt der Agenturen und Reiseveranstalter zur Einhaltung und Umsetzung der Menschenrechte beitragen. Andererseits prosperiert der Tourismus aber auch immer wieder dort, wo elementare Rechte missachtet werden. Im Namen der Tourismusentwicklung werden Menschen diskriminiert, in ihrer Meinungsäußerung beschränkt und ihre Beteiligung an Entscheidungen behindert. Bauern und Fischerfamilien werden enteignet, indigene Gemeinschaften von ihrem Land vertrieben und Kinder sexuell ausgebeutet.

Die Zukunft des Tourismus wird davon abhängen, inwiefern er zum Vorteil der Menschen und im Einklang mit Natur und Umwelt gestaltet wird. Damit dies um der Menschen willen gelingt, braucht es auch im Tourismus verbindliche Spielregeln, die sich aus den Staatenpflichten zur Verwirklichung der Menschenrechte ergeben. Es wird in der Diskussion daher auch um die Frage gehen, was Freiwilligkeitsinitiativen und CSR Strategien touristischer Unternehmen zu leisten in der Lage sind und wo die Grenzen der Freiwilligkeit liegen, wenn es um elementare, global geltende Rechte der Menschen und eine daran ausgerichtete Tourismusentwicklung geht.

Heinz Fuchs ist Verantwortlicher für den Bereich Unternehmensverantwortung – Tourism Watch – Fairtrade beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED)

Weiterführende Informationen: Alles was Recht ist – Menschenrechte und Tourismus

Vortrag Klimawandel und die Insulaner im Südpazifik

Stammtisch 25. Oktober 2011: François Pihaatae: „Den Klimawandel im Nacken – Die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Insulaner im Südpazifik“

Klimawandel Suedpazifik Von der Tahitianischen Kirche entsendet, engagiert sich François Pihaatae im Auftrag des Pazifischen Kirchenrats (PCC – Pacific Conference of Churches) mit Hauptsitz in Fidschi in der Lobbyarbeit für verantwortungsvolle Regierungsführung zu dem Thema Klimawandel, die Auswirkungen auf die Einwohner der kleinen Inselstaaten im Südpazifik und Möglichkeiten der Anpassung. Tourismus spielt in der Debatte auch eine zentrale Rolle, denn die Insulaner sind hochgradig abhängig vom Tourismus, der Klimawandel bedroht den Tourismus und gleichzeitig trägt auch der Tourismus im Südpazifik zum Klimawandel bei.

Bei dem Vortrag werden Konfliktfelder, Lösungsansätze und die Rolle des Tourismus beleuchtet. Zusammen mit Tourismus- und Klimaexperten wird im Anschluß an die Präsentation von François Pihaatae diskutiert, inwiefern der Tourismus im Südpazifik unter den gegebenen Umständen noch zukunftsfähig ist. Dabei werden Erkenntnisse aus einer gemeinsamen Exkursion und Studie in Tahiti und Fiji von François Pihaatae und Sabine Minninger, EED Tourism Watch, mit einfliessen.

François Pihaatae ist auf Einladung von Brot für die Welt in Deutschland zu einer Speakertour eingeladen, um auf die Einwirkungen des Klimawandels auf die Südpazifik-Insulaner aufmerksam zu machen. François Pihaatae ist Experte für Klimawandel im Auftrag des Pazifischen Kirchenrats (PCC – Pacific Conference of Churches)

Vortrag green travel bridge

Stammtisch 29. November 2011: Gabriele Baumgarten: „green travel bridge: Eine Brücke zwischen nachhaltigen lateinamerikanischen Leistungsträgern und Reiseanbietern im deutschsprachigen Reisemarkt“

green travel bridge Das Ziel der green travel bridge ist die internationale Zusammenarbeit zwischen Leistungsträgern in den Zielgebieten und Reiseanbietern des deutschsprachigen Reisemarktes zu fördern und letztere durch kompetente Schulungen für das Thema des nachhaltigen Reisens zu qualifizieren. Schließlich trägt die Initiative zu einer nachhaltigen Entwicklung in Lateinamerika wie auch zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Reiseunternehmen in den deutschen Quellmärkten bei.

Die green travel bridge ist aus einer Entwicklungspartnerschaft zwischen dem asr-Bundesverband, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz) GmbH und Partnern aus der Touristik entstanden. Gabriele Baumgarten ist Geschäftsstellenleiterin des asr in Berlin.

In Zusammenarbeit mit der internationalen Umweltschutzorganisation Rainforest Alliance, erfasste green travel bridge rund 360 zertifizierte Hotels, Ausflugsziele und Incoming-Agenturen aus Lateinamerika auf der www.greentravelbridge.de Webseite. Diese Leistungsträger werden von den Projektteilnehmern (zurzeit 23 deutsche Reiseveranstalter) entsprechend ihrer Reiseangebote in ihr Portfolio übernommen und als nachhaltige Produkte ausgewiesen.

Auf diesem Weg konnten bereits 40 nachhaltige Reisepakete erfolgreich erstellt und vermarktet werden. Die Vermarktung dieser Reisen erfolgt in Kooperation der teilnehmenden Partner im Reisevertrieb. Hierzu integriert green travel bridge die Angebote in die Reservierungssysteme zur direkten Buchung der Reisebüros und schult Expedienten zum Thema Nachhaltiges Reisen am Beispiel Lateinamerika.

Vortrag Hotelklassifizierungskonzept für Serbien

Stammtisch 26. Februar 2013: Vortrag Irene Thiede: Vorstellung eines Hotelklassifizierungskonzeptes für Serbien

Auch heute, 26. Februar, widmet sich der GATE-Stammtisch wieder einem spannenden Thema, das sich mit einem neuen Hotelklassifizierungssystem für Serbien beschäftigt. Die GIZ-Kurzzeitexpertin Irene Thiede wird uns zu dem Thema eine Präsentation zeigen und mit uns diskutieren über PPPs, moderne Systeme in „emerging economies“, Spannungen zwischen Individualität/Harmonisierung, und mehr. Für nähere Informationen zu Irene und ihrer Arbeit:

www.grow-consult.com

Vortrag Human Right bei Reiseveranstaltern

Stammtisch 6 Mai 2013: Vortrag Antje Monshausen: Human Rights in Practise – Anwendung der Guiding Principles on businesses and human rights bei Reiseveranstaltern“

Zu unserem Stammtisch am 6. Mai mit dem interessanten Thema „Human Rights in Practise – Anwendung der Guiding Principles on businesses and human rights bei Reiseveranstaltern“ möchten wir Sie/euch auch diesmal wieder herzlich einladen. Unsere Referentin ist Antje Monshausen, Brot für die Welt / Tourism Watch. Im diesem Rahmen besteht die Möglichkeit, einen Einblick in das neue Gebäude von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. zu bekommen, das sich nun nach der Fusion des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (Stuttgart) und des Evangelischen Entwicklungsdienstes (Bonn) in Berlin niedergelassen hat.

Stammtischvortrag Gletscherski

Stammtisch 24. Januar 2012: Matthias Beyer : Gletscherski und Wintersport in den Alpen – Mit Schneekanonen auf den Klimawandel schießen?
Dipl.-Ing. Matthias Beyer / mas|contour

gate_stammtisch_01242012_gletscherskiIn Europa sind bisher nur wenige Ereignisse aufgetreten, die uns unmittelbar erahnen lassen, was der fortschreitende Klimawandel mittel- bis langfristig für Auswirkungen auf unser Leben haben könnte. Zwei Phänomene erregen aber bereits heute schon für Aufmerksamkeit, nämlich der Rückgang der Gletscher in den Alpen und dessen Konsequenzen sowie der zunehmende Schneemangel in vielen Wintersportorten und dessen Einfluss auf den Tourismus.

Gerade die Alpen-Gletscher gehören zu den Naturerlebnissen, die nicht nur einzigartig in Europa sind, sondern auch am stärksten durch den Klimawandel betroffen sein werden. Da die Entwicklung der Alpen-Gletscher direkt mit dem Temperaturanstieg in Verbindung steht, ist es unumgänglich, dass sich die Alpen-Gletscher bei voranschreitendem Anstieg der Sommertemperatur weiter zurückziehen werden.

– Was bedeutet dies für die Zukunft von Sommerskigebieten und den Wintertourismus in den Alpen?
– Welchen Stellenwert hat das Phänomen des Klimawandels in den Alpen?
– Welche Strategien gibt es, um sich an den Klimawandel anzupassen und den Tourismus als Wirtschatfsfaktor langfristig zu sichern?

Diesen Fragen geht Matthias Beyer in seinem Vortrag nach, der sich als geschäftsführender Gesellschafter des Tourismusberatungsunternehmens mas|contour seit vielen Jahren mit Nachhaltigkeitsstrategien für touristische Destinationen und Unternehmen auseinandersetzt.

Kontakt: Dipl.-Ing. Matthias Beyer beyer@mascontour.info www.mascontour.info

Bildquelle: www.swissinfo.ch

10 Jahre GATE

Geschichte von GATE (verfasst anlässlich des 10jährigen Bestehens im Jahr 2005)

10 Jahre GATE e.V.

Der Verein GATE e.V. entstand vor zehn Jahren (1995) aus einer hauptsächlich studentischen Initiative. Die meisten Gründungsmitglieder hatten bereits Erfahrung im Bereich Tourismus. Diese waren entweder beruflicher Art, z.B. als Reiseleiter oder Reiseverkehrskauffrau oder beruhten auf einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema in einer Magister- oder Doktorarbeit.

Wir alle waren vertraut mit den tourismuskritischen Strömungen, die sich bereits seit Ende der 70er Jahre vor allem mit den ökologischen Folgen des Tourismus beschäftigten. Zwar wurde auch Kritik an den sozio-kulturellen Folgen laut. Die ethnologische Fachdebatte diesbezüglich verlief aber eher unproduktiv, da man sich dem Thema vornehmlich kritisch-emotional denn wissenschaftlich näherte.

So überwog z.B. bei vielen Wissenschaftlern die Angst vor Veränderung durch den einsetzenden Massentourismus in klassischen ethnologischen Feldforschungsgebieten, wodurch sich das wissenschaftliche Interesse, sich mit dem Phänomen Tourismus zu befassen, in Grenzen hielt.

Anders verlief die wissenschaftliche Entwicklung im Fach Ethnologie in den USA, England und Frankreich, wo man sich bereits seit den 1960er/1970er Jahren kreativ mit dem Thema auseinander setzte. In Deutschland waren bis dahin wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Tourismus Einzelleistungen, die in keinem Zusammenhang mit einer Forschungstradition standen.

Mit der Gründung von GATE verfolgten wir darum zwei Absichten: Zum einen, Tourismus als Forschungsgegenstand in der deutschsprachigen Ethnologie zu etablieren und zum anderen, ethnologisches Wissen, ethnologische Methodik und ethnologische Ethik in die Tourismusbranche einzubringen. Langfristiges Ziel dabei war es natürlich auch, das touristische Berufsfeld für Ethnologen zu erschließen. Berufsfelder sahen wir dabei vor allem in touristischen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit, in der touristischen Bildungsarbeit und in Berufen der Tourismusbranche selbst ist immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte.

Beide Felder, „Ethnologie und touristische Praxis“ und „Tourismusforschung in der Ethnologie“ können nicht ohne einander auskommen und müssen sich ständig gegenseitig bereichern. GATE hat sich an der Schnittstelle der beiden Gebiete etabliert. Zu unseren wichtigsten Projekten gehörten von Beginn an die Sensibilisierung für das Thema Tourismus im Fach selbst, u.a. durch Fachvorträge und -seminare an Universitäten, sowie Öffentlichkeitsarbeit für das Fach, z.B. in Form von Präsentationen und Vorträgen auf Reisemessen wie der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin2.

Für seine Arbeit ist GATE angewiesen auf neue, für das Thema Tourismus relevante Forschungsergebnisse der deutschsprachigen Ethnologie. Dass sich das Thema Tourismus hier noch immer nicht durchgesetzt hat, erkennt man leicht, wenn man den Aufsatz von Hans Fischer aus dem Jahre 1982 liest: Die von ihm skizzierten Probleme sind die gleichen geblieben – der Aufsatz könnte von heute sein (vgl. Fischer 1982). Die Gründe dafür sind einfach herzuleiten: Zum ersten ist die Tourismusforschung bis heute noch immer die Sache Einzelner und einzelner Fachbereiche. Darüber hinaus kommen wesentliche Impulse der Tourismusforschung weiterhin aus dem Ausland und aus anderen Disziplinen, die sich dem Tourismus als Forschungsthema angenommen haben, wie z.B. aus der Volkskunde, Soziologie, Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und aus den Tourismuswissenschaften. Wie in anderen anwendungsbezogenen Forschungsgebieten ist es auch im Falle Tourismus der deutschsprachigen Ethnologie bislang nicht gelungen, einen kreativen Umgang mit dem Thema zu pflegen. Wenn überhaupt, dann setzt sich die jüngere Generation in Magister- und Doktorarbeiten mit dem Thema auseinander.

In vielen anderen Publikationen ist Tourismus oft nur deshalb Bestandteil, weil er in den Forschungsgebieten einfach nicht mehr übersehen werden kann. Das alles hat auch zur Folge, dass sich die Tourismusforschung in Deutschland noch nicht entsprechend institutionalisiert hat. In der gemeinsamen Interessenvertretung der deutschen Ethnologie, der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde (DGV), existiert keine entsprechende Arbeitsgruppe und an den Universitäten gibt es nur vereinzelte Projekte, bei denen Tourismus als Forschungsgegenstand im Zentrum steht. Ein weiteres Hemmnis sind die Lehrenden des Faches Ethnologie, die den Bezug zum Thema Tourismus noch immer zu wenig suchen. Trotz steigender Absolventenzahlen, die vorhersehbar nicht alle im wissenschaftlichen Bereich tätig werden können, gibt es von Seiten der Lehrenden wenig Interesse, anwendungsbezogene Forschungsfelder wie das Thema Tourismus zu erschließen. So ist es auch zu erklären, dass die zumeist studentischen Initiativen, die sich wie GATE im Bereich Tourismus engagieren, wenig Unterstützung erhalten

Im Rückblick auf die letzten zehn Jahre GATE e.V. wäre Resignation dennoch unangebracht. Denn der vermeintliche weiße Fleck, den die Tourismusforschung in der deutschen Ethnologie darstellt, wird – wenn auch sehr langsam – kleiner. So ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema sehr viel differenzierter geworden, auch wenn die wesentlichen Impulse noch immer aus dem Ausland kommen.

Das Angebot an Seminaren zum Thema Tourismus an den deutschsprachigen Fachbereichen hat sich enorm erweitert. Vereinzelt gibt es inzwischen Tourismus-Forschungsprojekte. Auch ist das Interesse am Fach von außen gestiegen. So greifen andere Fächer, die sich mit dem Themenkomplex Tourismus befassen, vermehrt auf vorhandene ethnologische Forschungsergebnisse zurück.

Und wie sieht es mit der Praxis aus?

GATE e.V. ist das Tor, um „fremde“ Kulturen besser verstehen zu lernen. Diesem Anspruch versuchen wir gerecht zu werden: sowohl gegenüber denjenigen, die reisen, als auch gegenüber denjenigen, die sich professionell (theoretisch oder praktisch) mit Tourismus auseinandersetzen.

Im Fokus unserer Bemühungen stehen hierbei die Tourismuswirtschaft, die Entwicklungszusammenarbeit, die Bildungsarbeit und nicht zuletzt die Reisenden selbst. Wir haben bei unserer Arbeit im vergangenen Jahrzehnt immer wieder feststellen müssen, dass der Begriff „Tourist“ gerne pauschal mit denjenigen gleichgesetzt wird, die vornehmlich zum Zweck der Erholung reisen. Sie gelten für viele als die Hauptverursacher von sozio-kulturellen (und weiteren) Problemen in den touristischen Zielgebieten, die in der tourismuskritischen Debatte seit nunmehr rund 30 Jahren diskutiert und angeprangert werden.

Beispiele für den unmittelbaren Beitrag von Erholungssuchenden zu negativen Auswirkungen in den Destinationen (z.B. Akkulturationseffekte) gibt es zahlreich und können nicht verleugnet werden. Aber dies ist eben nur die eine Seite der Medaille. Denn wir alle reisen – unabhängig von unseren Reisemotiven – in ferne und für uns fremde Länder mit derselben Hoffnung, ja der Erwartung, dass wir von der einheimischen (= „bereisten”) Bevölkerung als Gast empfangen und behandelt werden. Wir alle haben den Anspruch, auch (oder vielleicht gerade) fern der Heimat bestimmten persönlichen Bedürfnissen nachzugehen, für die wir ein gewisses Maß an Respekt, Freiheit, Toleranz und Abstand von Seiten der einheimischen Bevölkerung voraussetzen. Wir alle möchten auch etwas mitnehmen von unserer Reise, sei es die Erinnerung an einen schönen Urlaub, sei es ein konkretes Ergebnis aus einer ethnologischen Feldforschung, oder sei es die Gewissheit, ein (zumal touristisches) Entwicklungsprojekt erfolgreich mitgestaltet zu haben.

Diejenigen, die glauben, sich von den Erholungssuchenden abgrenzen zu können, da sie (scheinbar) nicht Teil des Problems sind, verkennen, dass ein „professionelles“ Reisemotiv (z.B. eine ethnologische Feldforschung, der Einsatz als Entwicklungshelfer oder als Reiseleiter) weder automatisch interkulturelle Kompetenz verleiht noch automatisch dazu legitimiert, sich als etwas anderes (oder gar besseres) zu sehen als das, was wir alle auf Reisen sind: nämlich Touristen!

So legitim auf der einen Seite die Ansprüche und Bedürfnisse der Reisenden sind, so legitim ist auf der anderen Seite die Erwartung der einheimischen Bevölkerung, dass der Gast – unabhängig von seinem Reisemotiv – ihre Sprache, Kultur, Gebräuche und Traditionen respektiert und sich damit auseinander setzt. Nur wenn beide Seiten ernst genommen werden, lässt sich der Anspruch eines verbesserten interkulturellen Dialogs sowie von mehr Sozialverträglichkeit im Tourismus erreichen und können touristische Produkte entwickelt werden, die sowohl diesem Anspruch gerecht werden als auch realistische Marktchancen bieten. Wir alle können Katalysatoren dieses Prozesses, aber eben auch Teil des Problems sein. Es kommt darauf an, ein gegenseitiges Bewusstsein für die Erfordernisse im Umgang mit unterschiedlichen Werte- und Normenvorstellungen und deren relativer Gültigkeit zu schaffen sowie Wege für die Praxis aufzuzeigen.

Dies gilt nicht nur für das unmittelbare Zusammentreffen von Erholungssuchenden mit der einheimischen Bevölkerung sowie touristischen Anbietern vor Ort, sondern betrifft auch diejenigen, die in der Tourismuswirtschaft arbeiten (sei es als Reiseveranstalter, Reisebüro, Incoming-Agentur, Hotelier, Gastronom, Reiseleiter oder in sonstigen Bereichen), sowie diejenigen, die in der Entwicklungszusammenarbeit oder entwicklungspolitischen Bildungsarbeit beschäftigt sind (sei es vor Ort oder in Deutschland, sei es im Tourismus selbst oder auch in anderen Themenfeldern) und nicht zuletzt betrifft es die Ethnologen selbst (sei es bei Tätigkeiten vor Ort oder in Deutschland, sei es im Bereich der ethnologischen Tourismuslehre oder im Bereich der ethnologischen Tourismusforschung).

Ausblick

Seit Beginn unserer Aktivitäten setzen wir uns dafür ein, dem Themenkomplex „Ethnologie und Tourismus“ innerhalb und außerhalb des Fachs eine Öffentlichkeit zu verschaffen. Die Tatsache, dass auf der Konferenz neben Ethnologen auch zahlreiche Reiseveranstalter, Entwicklungs- und Bildungsexperten teilgenommen haben, zeigt das Interesse der Praxis, sich mit ethnologischen Herangehensweisen im Tourismus auseinander zu setzen. Daher werden wir auch in Zukunft daran arbeiten, dass die Tourismuslehre und -forschung ein Teil der Ethnologie wird und daran, ethnologische Erkenntnisse in der Tourismusbranche, Entwicklungszusammenarbeit und Bildungsarbeit zu etablieren.

Unterstützung über WeCanHelp

Ab sofort kann GATE e.V. auch über WeCanHelp (vormals: Boost) unterstützt werden. Die Idee hinter WeCanHelp ist, dass die Internet-Shopping-Provisionen für einen guten Zweck eingesetzt werden sollten. Inzwischen unterstützen mehr als 6.000 Online-Shops das Projekt, darunter auch viele bekannte Unternehmen wie OTTO, Ikea, die Deutsche Bahn oder Booking.com. Das Ganze funktioniert am Beispiel der Bahn illustriert so: Statt über die Webseite der Deutschen Bahn sein Ticket zu kaufen, geht man den „kleinen Umweg“ über WeCanHelo. Diese erhalten dann für die Geschäfts-Vermittlung von der Bahn eine Provision, die anschließend gespendet werden kann – an GATE zum Beispiel. Den Internet-Käufer kostet diese Unterstützung keinen Cent, sondern nur ein paar zusätzliche Klicks. Und GATE freut sich über ein paar Euro, die zur Deckung der laufenden Kosten eingesetzt werden können.

Webseite von WeCanHelp: https://www.wecanhelp.de

Stammtisch-Stadtführung Kreuzberg 31.7.2013

Stammtisch 31. Juli: Stadtführung Jens Heimendahl: „Kreuzberg im Umbruch – ein Kiez erwacht zu neuem Leben.“

Es geht raus auf die Straße, rein ins Berliner Kiez-Leben. StadtSpur Berlin stellt euch den Kiez um den Kreuzberger Moritzplatz vor. Hier hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan, das sieht man, wenn man in die Seitenstraßen und auf die Hinterhöfe geht. Auch die Berlin-Touristen wollen inzwischen Kreuzberg entdecken, weil sie Mitte schon kennen. Und StadtSpur Berlin hat es sich zur Aufgabe gemacht, bei seinen Führungen auch Begegnungen mit Menschen herzustellen, die in den Kiezen wohnen und arbeiten. Auch der Incoming-Tourismus soll nachhaltig sein, er soll sich behutsam einfügen in vorhandene Strukturen und zu einem Dialog zwischen Besuchern und Bereisten führen.

Es geht bei der Tour auch um Stadtentwicklung, soziale Strukturen und Veränderungsprozesse. Wer möchte, kann einen Aufgabe- und Beobachtungsbogen benutzen (wird vor Ort verteilt). GATE-Mitglied Jens Heimendahl, der bei StadtSpur Berlin arbeitet – und es mit konzipiert – ist gespannt, wie viel Neues er den Berlinern bei dieser Führungen zeigen kann.

Die Tour wird ca. 2-2,5 Std. dauern und wird in einer gemütlichen Kreuzberger Kneipe enden. Nähere Infos zur Tour entnehmt bitte der Anlage. Allerdings wird das Quartiersmanagment zu dieser Uhrzeit schon geschlossen haben.

www.stadtspur-berlin.de

Kontakt: Jens.Heimendahl@stiftung-spi.de,