Stammtisch 11. Dezember 2007: Vortrag Martin H. Petrich: „Reisejournalismus zwischen Marketing und Hintergrundreportage“
„Reisejournalisten haben es gut. Sie machen Urlaub und werden dafür bezahlt. Zudem widmen sie sich nur den sonnigen Seiten eines Landes und ignorieren dessen Probleme“. Diese Meinung ist weit verbreitet. Sind Reisejournalisten gekaufte Vermarkter, die mit der rosaroten Brille durch eine Destination reisen und alles Unangenehme ausblenden? Wo bleibt die kritische Distanz, wenn sie zu einer Pressereise eingeladen werden? Anhand von praktischen Beispielen, u. a. zu Birma (Myanmar) und Sri Lanka, möchte Martin Petrich über den Balance-Akt des Schreibens sprechen. Er hat mehrere Reiseführer für den Dumont Reiseverlag verfasst und schreibt für Tageszeitungen und Magazine.
Autor: Martin
Vortrag Ethno-Tourismus in Bolivien
Stammtisch 5. Februar 2008: Vortrag Anja Weber: „Interessen und Akteure im Tourismus. Das Beispiel des Ethno-Tourismus in Tarabuco/Bolivien“
Schon seit mehreren Jahrzehnten kommen Touristen nach Tarabuco, einem Dorf in den bolivianischen Anden. Der Vortrag basierte auf einer Forschung und einer sich anschließenden Magisterarbeit mit dem Thema „Interessen und Akteure im Tourismus – Das Beispiel des Ethnotourismus in Bolivien“. Dabei sollten die unterschiedlichen Facetten, Akteure und Interessen(-skonflikte) des Tourismus aufgezeigt und diskutiert werden.
Ein interessanter Diskussionsansatz könnte auf den beiden Frage basieren, was (1) gemeindeorientierter Tourismus bedeutet – auch für die jeweils unterschiedlichen Akteure – und (2) welche Faktoren eine Rolle spielen? Hintergrund bildet der sich weltweit immer weiter ausbreitende und wichtiger werdende Wirtschaftszweig Tourismus für ländliche Gemeinden und die Tatsache, dass auch innerhalb der Entwicklungszusammenarbeit der gemeindeorientierte Tourismus als Projekt-Strategie zur Armutsbekämpfung eine immer größere Aufmerksamkeit zugedacht wird.
Einige Informationen zum Thema bietet folgender Artikel:
30 Jahre Tourismus in Tarabuco/Bolivien – oder erste Erfahrungen einer Feldforschung
Vortrag Tourismus und Armutsbekämpfung in der Mongolei
Stammtisch 3. März 2008: Vortrag Matthias Beyer: „Armutsbekämpfung in der Inneren Mongolei – Tourismus als letzte Chance!?“
Seit Generationen leben die Einwohner der Inneren Mongolei vor allem von der Viehzucht. Ausbleibende Niederschläge sowie eine enorme Zunahme des Viehbestandes in den vergangenen Jahrzehnten haben jedoch dazu geführt, dass die Weideflächen für die Viehzucht immer weniger nutzbar sind. Die Folge ist, dass die Bewohner mittel- bis langfristig nicht mehr von der Viehzucht leben bzw. überleben können. Der Einstieg in den Tourismus wird nun als Lösungsweg angesehen, um die traditionelle Lebensweise und ökonomische Existenz der lokalen Bevölkerung langfristig zu sichern. Ob diese Strategie realistisch ist und wie diese umgesetzt werden kann, soll im Rahmen des Vortrages näher erörtert werden.
Matthias Beyer arbeitet bei mas|contour
Vortrag Kulturverträglicher Tourismus in Indigenengebieten
Stammtisch 7. April 2008: Vortrag Dr. Arnold Groh: „Kulturverträglicher Tourismus in Indigenengebieten“
Mit der im September 2007 angenommenen Indigenous Rights Declaration, die nun eine Ergänzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte darstellt, ist auf höchster politischer Ebene die kulturelle und territoriale Autonomie Indigener festgestellt worden. Dies hat weitreichende Konsequenzen für den Tourismus. Es sollen Forschung und anwendungsorientierte Projekte vorgestellt werden, die den Erfordernissen einer Cultural Sustainability Rechnung tragen, und die zugleich neue Perspektiven für den Tourismus eröffnen.
Dr. Arnold Groh beschäftigt sich mit Structural Analysis of Cultural Systems an der TU Berlin
Vortrag Entwicklungszusammenarbeit und Tourismus in Zentralasien
Stammtisch 6. Mai 2008 (Dieser Termin ist leider kurzfristig ausgefallen): Vortrag Judith Kloiber: „Junge Destinationen konstituieren und nachhaltig gestalten – Ziele und Vorgehensweisen in der Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau von Tourismus-/Destinationsorganisationen am Beispiel ausgewählter Projekte in Zentralasien (Kirgisien und Tadschikistan)“
Die Bereiche Tourismusmarketing und nachhaltige Destinationsplanung wurden laut einer Publikation der GTZ (2007) in ihrer Bedeutung „für eine erfolgreiche touristische Entwicklung bzw. für die Erreichung entwicklungspolitischer Ziele lange Zeit verkannt oder unterschätzt.“ Auch sei die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen und Förderung von good governance bisher völlig vernachlässigt worden. Entsprechend wird empfohlen, bei der Festlegung förderungswürdiger Aktivitätenfelder deutlich mehr Priorität diesen Bereichen in Zukunft einzuräumen.
In Kirgisien und Tadschikistan haben sich in der jüngeren Vergangenheit verschiedene internationale Entwicklungsorganisationen vermehrt diesen Themen zugewandt. So entstanden zunächst touristische Vereine oder Netzwerke auf kommunaler, regionaler, nationaler sowie transnationaler Ebene, welche vor allem aus CBT-Initiativen und Ecotourismusprojekten hervorgingen. Diese repräsentieren zwar einzelne Destinationen (zumeist) als einzige touristische Organisation innerhalb ihrer Region, agieren aber mit nur sehr geringer Unterstützung seitens der staatlichen Behörden.
Im Sinne einer nachhaltigen Destinationsplanung sollen jedoch die Bemühungen verstärkt werden, neue touristische Strukturen als Teil einer integrierten Regionalplanung zu etablieren. Diesbezüglich sollen potentielle Gestaltungsmöglichkeiten (Ziele, Strukturen, Verantwortlichkeiten und Aufgaben) von Tourismus-/Destinationsorganisationen diskutiert werden, die den Interessen des öffentlichen und privaten Sektors, der Bevölkerung wie auch der nicht-touristischen Organisationen am besten entgegenkommen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Rolle einer Entwicklungsorganisation bei der Planung und Umsetzung solcher Vorhaben gestaltet werden kann.
Vortrag Migration und Tourismus in Marokko
Stammtisch 3. Juni 2008: Vortrag Frederic Schmachtel: „Migration und Tourismus in Marokko: Der Einfluss von Migranten auf die Tourismusentwicklung“
Migration und Tourismus werden, aufgrund zunächst sehr unterschiedlicher Ausgangspositionen und Beweggründen der Betroffenen, meist als getrennte, sogar entgegengesetzte Phänomene betrachtet. Jedoch werden verschiedene Mobilitätsformen vermehrt auf Parallelen und Wechselwirkungen hin betrachtet. In Debatten um entwicklungspolitische Potenziale von Tourismus werden z.B. teilweise die Auswirkungen von Tourismusentwicklung auf Migrationsbewegungen in Touristengebiete diskutiert. Die unterschiedlichen Bedeutungen bestimmter Orte der Mobilität (Hotels, Flughäfen, Grenzen, etc.) für Migranten und Touristen werden analysiert. Außerdem gesellen sich zum typischen „Birkenstock-Touristen“ zunehmend Formen wie „Work and Travel Tourismus“ (oder „-Migration“?) oder saisonale bzw. Altersmigration in Touristengebiete, die nicht eindeutig einzuordnen sind.
Eine weitere, wenig diskutierte „Mischform“ sind Migranten, die Tourismus in ihren Herkunftsländern beeinflussen. In Marokko stellten Migranten 2005 2,7 von 6 Millionen internationalen Touristen – was in einem Land, das stark auf Tourismusentwicklung setzt, beachtlich ist. Außerdem bieten Migranten Tourismusangebote in Marokko an, beeinflussen also auch aktiv den Tourismussektor. Das wirft einige Fragen auf: Welche Rolle haben Ferien in Marokko für marokkanische Migranten und ihre Beziehungen zum Herkunftsland? Wie positionieren sie sich im Dreieck zwischen Touristen, Einheimischen und Tourismusdienstleistern? Wie wird ihr Engagement im Tourismussektor gefördert (oder auch nicht)? Mit welchen Mitteln beeinflussen sie Tourismusentwicklung in Marokko?
Diese Fragen stellen den Kern einer Masterarbeit dar, die aber noch nicht fertiggestellt ist. Vorläufige Ergebnisse aus Recherchen und Interviews sollen während des Stammtischs vorgestellt, aber vor allem diskutiert werden.
Vortrag Reisen in Diktaturen
Stammtisch 1. Juli 2008: Vortrag Silke Krause: „Reisen in Diktaturen – eine Grundsatzdiskussion“
Im Sport wird einmal mehr aus aktuellem Anlass diskutiert, ob der Boykott der Olympischen Spiele eine angemessene Möglichkeit für ein politisches Statement darstellt oder nicht. Auch für den Tourismus stellt sich stets – und sehr kontrovers – die Frage der „political correctness“ in Bezug auf Reisen in Diktaturen und Polizeistaaten, die zumindest nach europäischem Maßstab zweifelhaft sind bezüglich der Durchsetzung der Menschenrechte. Diese sind im Grunde sehr beliebt, bietet ein Polizeistaat für Touristen doch meist auch ein gutes Maß an Sicherheit, und das häufig verbunden mit niedrigen Preisen.
Anstelle eines Vortrages soll bei diesem Stammtisch grundsätzlich diskutiert werden, was Diktaturen für Touristen interessant macht und inwieweit der Tourismus als Wirtschaftsfaktor dazu beitragen kann oder sollte, Einfluss auf die politischen Verhältnisse eines Gastlandes zu nehmen.
Silke Krause ist Mitglied bei GATE e.V.
Vortrag „Fremde erleben“
Stammtisch 8. September 2008: Vortrag Ina Kubitza: „Reisen in die Ferne – Fremde erleben“
Dieser Stammtisch widmet sich der Fremde: Welche Sehnsüchte treiben uns möglichst weit weg von zu Hause? Und was sagt das Bild vom „Edlen Wilden“ über uns als „Bildträger“ aus?
Ina Kubitza ist Mitglied bei GATE e.V.
Vortrag Burmesische Farbenlehre
Stammtisch 7. Oktober 2008: Vortrag Martin H. Petrich: „Burmesische Farbenlehre, oder: Wem hilft der Tourismus?“
Zwei Farben dominieren die Diskussion über den Zustand Myanmars (Burma): Gold und Rot. Werbeprospekte und Reisekataloge preisen Burma als das „Goldene Land“ mit seinen Pagoden, freundlichen Menschen und pittoresken Landschaften. Rot hingegen sehen die Gegner des seit 1962 regierenden Militärregimes, wenn es um die Schilderung der politischen Lage geht. In keinem Land wird die Rolle des Tourismus in einer Diktatur so kontrovers diskutiert wie in Burma.
Der Referent ist Reisejournalist und beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit dem Land. Er ist Koautor eines Burma-Reiseführes und hat diverse Artikel veröffentlicht. Als Diskussionsgrundlage eignet sich sein 2002 erschienener Artikel für „Südostasien Informationen“:
www.asienhaus.de/public/archiv/burma_tourismus.htm
Ein weiterer Artikel für die taz findet sich unter
www.taz.de/4/reise/asien/birma/artikelseite/1/der-birmesische-patient/
Vortrag nachhaltiger Tourismus zur Armutsbekämpfung
Stammtisch verschoben auf den 18. November 2008: Vortrag Isabelle Schunck: „Die ST-EP-Initiative in Kolumbien (Providencia/Santa Catalina) – Nachhaltiger Tourismus als Instrument zur Armutsbekämpfung bleibt bloß Theorie“
Die ST-EP-Initiative (Sustainable Tourism – Eliminating Poverty) ist ein Programm der Welttourismusorganisation (UNWTO), welches sich Armutsbekämpfung durch Nachhaltigen Tourismus in Entwicklungsländern auf die Flaggen geschrieben hat. Auch in Kolumbien wurde ein Projekt mit dem Ziel einer sozial- und umweltverantwortungsvollen Tourismusentwicklung aufgebaut. Ob die einheimische Bevölkerung sowie die regionale Wirtschaft tatsächlich davon profitieren, bleibt fraglich.
Es soll diskutiert werden, wie benachteiligte Gemeinden am ehesten vom Tourismus profitieren können, indem Lösungsansätze eines gemeindeorientierten Tourismus aufgezeigt werden. Daneben sollen die Herausforderungen der ST-EP-Initiative als Programm der UNWTO aufgezeigt werden. Kann dieses Programm tatsächlich zur Bekämpfung von Armut in Kolumbien bzw. in Entwicklungsländern an sich beitragen?
Der Vortrag basiert auf einer Feldstudie in Kolumbien (Providencia/Santa Catalina), die in Zusammenarbeit mit dem EED (Evangelischer Entwicklungsdienst) durchgeführt wurde. Isabelle Schunck ist Mitglied bei GATE e.V.
Mehr unter:
www.tourism-watch.de/fix/tw-lit/ST-EP_Aethiopien_TW.pdf
www.tourism-watch.de/fix/tw-lit/ST-EP_Kolumbien_TW.pdf
www.tourism-watch.de/fix/tw-lit/ST-EP_english%20_TW.pdf
www.tourism-watch.de/dt/50dt/50.kolumbien/index.html
www.tourism-watch.de/dt/50dt/50.highlights/index.html
www.tourism-watch.de/dt/45dt/45.step-initiative/index.html
www.tourism-watch.de/dt/43dt/43.initiative/index.html